Bayreuther Festspiele mit dem Double als Krönung
Ende der achtziger Jahre sind in Bayreuth nicht nur die Festspiele für Richard Wagner das große Thema, sondern auch die Basketballer von Steiner Bayreuth.
Ende der achtziger Jahre sind in Bayreuth nicht nur die Festspiele für Richard Wagner das große Thema, sondern auch die Basketballer von Steiner Bayreuth. Mit Les Habegger, Bo Dukes, Mike Koch und Calvin Oldham geht es steil bergauf zum Double, dann folgt der Absturz …
Die große Ära des Bayreuther Basketballs begann mit einem Abstieg: 1984 verabschiedete sich der Olympia USC mit 8:44 Punkten ohne Sang und Klang aus der Bundesliga und stand mit einem Schuldenberg von 100.000 Mark kurz vor dem Konkurs, wäre da nicht Manfred Hauser gewesen. Der USA-Liebhaber und nach eigenem Bekunden engagierte Zuschauer stellte den Kontakt zu Carl Steiner her, dem Erben eines der weltgrößten Fernglas-Unternehmen und mit seiner Betriebssportgemeinschaft in der Tischtennis-Bundesliga vertreten. Steiner fand Basketball interessant, übernahm alle Mannschaften und heuerte Hauser als Manager an – die Weichen für eine orangene Zukunft waren gestellt.
Mit 44:4 Punkten gelang Bayreuth souverän der sofortige Wiederaufstieg; in der ersten Saison nach der Rückkehr stürmte das Team um Calvin Oldham, Richard „Buzz“ Harnett und Georg Kämpf gleich ins Playoff-Halbfinale sowie ins Pokalendspiel. Mäzen Steiner fand immer mehr Gefallen an seinem neuen Hobby und pumpte immer mehr Geld ins Team. Zur Saison 1987/88 lotste er Lester Habegger in die Wagnerstadt. Der war 1979 als Co-Trainer mit den Seattle Supersonics NBA-Champion geworden, danach drei Jahre General Manager des Klubs … und kam nun aus der Glitzerwelt der amerikanischen Profiliga ins beschauliche Bayreuth. Welch ein Glamour!
Habegger bekam quasi als Antrittsgeschenk die Verpflichtung des 21-jährigen Mike Koch aus Gießen präsentiert, zu dem Zeitpunkt der begehrteste deutsche Spieler. Die Investitionen des Sponsors führten zum Einzug ins Pokalfinale: In der Ludwigsburger Rundsporthalle wurde Favorit Saturn Köln mit 105:88 besiegt und im dritten Anlauf der erste Titel der Bayreuther Basketballgeschichte eingefahren. Die Partie war zugleich der letzte Auftritt als BG Steiner-Optik, danach wurde der Vereinsname in Steiner Bayreuth verschlankt.

Im Laufe der Jahre wurde Bayreuth zur ersten Adresse im deutschen Basketball, erst recht, nachdem im November 1988 die neuerbaute Oberfrankenhalle bezogen wurde. Statt maximal 918 konnten nun 4.500 Zuschauer zu den Spielen kommen, regelmäßig meldete die Halle „ausverkauft“. Aus ganz Nordbayern pilgerten die Besucher nach Bayreuth, vor allem, um den nur 1,68 Meter kleinen Point Guard Alvin „Bo“ Dukes inmitten der Zwei-Meter-Hünen zaubern zu sehen. Sportlich verlief die Saison wie im Rausch: Mit 40:4 Punkten beendete Steiner die Hauptrunde auf dem ersten Platz, die ersten beiden Playoff-Runden gegen Gießen (2-0) und Köln (3-0) wurden im Eiltempo genommen. Zwischendurch stand das Pokalfinale an: Leverkusen hieß der Gegner und nach Losentscheid auch der Austragungsort. Noch nie hatte Bayreuth beim Leverkusener Starensemble gewonnen und erschwerend verzichtete Habegger fürs Finale auch noch auf Aufbau Dukes und setzte auf der damals im Pokal einzig zulässigen Ausländerposition auf Oldham, um den Größenvorteil der Gastgeber auszugleichen. Keine guten Rahmenbedingungen, aber in der wunderhaften Saison 1988/89 war das für Bayreuth egal …
Mike Koch legte 27 Punkte, darunter fünf Dreier, auf, Oldham 14 Zähler, und das Steiner-Team verteidigte durch ein 89:67 auf feindlichem Terrain den Pokal. Die Vorfreude auf das anstehende Meisterschaftsfinale zwischen Bayreuth und Leverkusen wurde dadurch nur noch ins Hysterische gesteigert.

Der Klub aus der Wagnerstadt schien durch nichts und niemanden zu bremsen zu sein, zumal für die Finalrunde der deutsche Collegestudent Hartmut Ortmann aus den USA eingeflogen wurde und der Exil-Pole Jacek Duda nach fast einjähriger Wartezeit vom DBB endlich die Freigabe erhielt. Doch was niemand für möglich gehalten hatte, trat ein: Die Nerven spielten dem bis dahin so souveränen Team einen Streich. Die ersten beiden Spiele gegen Leverkusen gingen mit 66:67 und 57:68 verloren – der Meistertitel rückte auf einmal in weite Ferne.
Der Klub aus der Wagnerstadt schien durch nichts und niemanden zu bremsen zu sein, zumal für die Finalrunde der deutsche Collegestudent Hartmut Ortmann aus den USA eingeflogen wurde und der Exil-Pole Jacek Duda nach fast einjähriger Wartezeit vom DBB endlich die Freigabe erhielt. Doch was niemand für möglich gehalten hatte, trat ein: Die Nerven spielten dem bis dahin so souveränen Team einen Streich. Die ersten beiden Spiele gegen Leverkusen gingen mit 66:67 und 57:68 verloren – der Meistertitel rückte auf einmal in weite Ferne.
Zum Wendepunkt wurde ein Mannschaftsabend, der am nächsten Morgen um fünf Uhr mit einem Frühstück in einer Bäckerei endete. Buzz Harnett, der Anführer des Teams, bestand darauf, dass alle Spieler so lange zusammenbleiben. „Da hat jeder gemerkt: Es geht nicht um mich allein. Es geht um uns, die Typen, mit denen ich zusammenspiele und die alles für mich geben würden“, erinnert sich Oldham.
"Für das fünfte Spiel hätten wir 10.000 Karten verkaufen können."
- Manfred Hauser
Das dritte Spiel wurde mit 83:75 gewonnen, das vierte in Leverkusen mit 79:76 – durch einen Korb von Oldham 15 Sekunden vor der Sirene. Vor dem fünften und entscheidenden Finale in der Oberfrankenhalle war das Basketballfieber in Bayreuth auf dem Höhepunkt angekommen. „Für das fünfte Spiel hätten wir 10.000 Karten verkaufen können“, sagte Manager Hauser. Jener 19. April 1989 sollte zum größten Tag der Bayreuther Basketball-Historie werden: In der ersten Halbzeit wechselte die Führung minütlich, Mitte der zweiten hatten die Gastgeber ein 74:61 vorgelegt. Doch Leverkusen holte wieder auf. 78:77 für die Hausherren stand es kurz vor Ende. Dann schnappte sich Buzz Harnett drei Offensiv-Rebounds und Big Man Calvin Oldham versenkte einen Dreier – der Triumph war perfekt, nach dem 83:77-Sieg war Bayreuth ganz oben, erstmals Deutscher Meister, erstmals Double-Gewinner.
Doch so, wie fünf Jahre zuvor der steile Aufstieg mit einem Abstieg begonnen hatte, begann 1989 der Abstieg mit der Meisterschaft. Nach der Titelsause verfielen die Verantwortlichen in Größenwahn. Mit Neuverpflichtungen wie Nationalmannschaftskapitän Hansi Gnad wollte man den Europapokal der Landesmeister aufmischen. Das böse Erwachen folgte aber schon im ersten Spiel. Beim niederländischen Champion CB Den Helder kamen die Bayreuther mit 75:97 unter die Räder. Trainer Habegger habe die Partie vorzeitig „abgeschenkt“ und seine Stars geschont, weil er irrtümlich glaubte, dass im Playoff-Modus gespielt werden würde, besagt die Legende. Das Rückspiel gewann Bayreuth 97:79, zum Weiterkommen fehlten jedoch vier Punkte.
Präsident Carl Steiner bezeichnete das Ausscheiden noch Jahre später als sein „schlimmstes sportliches Erlebnis“. Es war vor allem eines, von dem sich sein Verein nicht mehr richtig erholte. Die sündhaft teure Mannschaft war durch den nationalen Spielbetrieb allein nicht zu finanzieren, die Schulden wuchsen. 1990 schaffte es Bayreuth immerhin noch ins Finale und im Folgejahr zu Rang drei, doch schon 1992 folgte der Abstieg. Einmal noch (1996) zogen die Bayreuther seither ins Playoff-Halbfinale ein, an die große Ära Ende der achtziger Jahre konnten sie aber auch mit Mike Koch als Headcoach nicht mehr anknüpfen.
