Verein

Die Mutter aller Spiele: Historie des Duells zwischen Berlin und Bonn

Ein Blick auf die außergewöhnliche Rivalität zwischen ALBA BERLIN und den Telekom Baskets Bonn – von den Neunzigern bis heute.

1997

Die deutsche Basketballlandschaft erlebte Mitte der Neunziger einen tiefgreifenden Wandel: Nach sieben Leverkusener Meistertiteln in Serie war 1997 Zeit für neue Geschichten. Es war der Moment, in dem die alte Bundeshauptstadt Bonn die Bundesliga-Bühne betrat – und die neue Hauptstadt Berlin ihre Dominanz begründete. Rasch entwickelte sich eine sportliche Rivalität, die beide Clubs, ihre Fans und nicht zuletzt die gesamte Liga prägte – stets begleitet von einem Hauch „David gegen Goliath“.

Svetislav Pesic (Berlin) und Bruno Soce (Bonn) mit ihren Medaillen - 1999

Die Anfänge


Als 1996 die Ära des TSV Bayer 04 Leverkusen endete, übernahmen die Albatrosse das Zepter – Berlin strebte an die Spitze. Zeitgleich schaffte Bonn den Sprung in die höchste Spielklasse und brachte frischen Wind in die Liga. Die unterschiedlichen Ausgangspositionen erzeugten sofort Spannung, insbesondere als die Baskets gleich in ihrer Premierensaison die Finalserie erreichten – und dort ausgerechnet an ALBA BERLIN scheiterten.

In den Folgejahren kam es zu weiteren Endspiel-Duellen (1999, 2001, 2008). Alle vier Finalserien entschieden die Berliner für sich und festigten damit ihre Rolle als dominierendes Topteam der Liga. Bonn blieb der hartnäckige Herausforderer, dem der große Coup gegen Berlin jedoch verwehrt blieb. Diese klare, aber respektvolle Rollenverteilung trug entscheidend zur Intensität und Strahlkraft des Duells bei.

Patrick Femerling bejubelt den Meistertitel im Bonner Telekom Dome.

Besonders in Erinnerung blieben die zahlreichen Sonderzüge, mit denen Bonner Fans in die altehrwürdige Max-Schmeling-Halle reisten, um ihr Team lautstark zu unterstützen. Diese Begegnungen, geprägt von Leidenschaft, Nähe und Geschichte, schufen die Aura, die bis heute als „Mutter aller Spiele“ gilt.

Der Rekord

Ein Duell, das aus dieser Zeit besonders in Erinnerung blieb, war dabei gar kein Finalspiel. Am 07. April 2000 lockte das Aufeinandertreffen zwischen Bonn und Berlin beeindruckende 18.506 Zuschauer:innen in die Kölnarena. Ein Wert, der bis heute als Zuschauerrekord der Basketball Bundesliga Bestand hat und 20 Jahre lang Europarekord war. Dieses Spiel verdeutlicht exemplarisch, welches Potenzial in dieser Begegnung steckt – weit über sportliche Bedeutung und Status hinaus.

Die Folgejahre

Auch wenn Playoff-Duelle zwischen beiden Teams seltener wurden, bleibt das Aufeinandertreffen von Bonn und Berlin ein fester Bestandteil der Basketballgeschichte. Es steht sinnbildlich für eine ganze Ära – für Aufbruch, Leidenschaft und die Entwicklung des deutschen Basketballs von einer wachsenden Liga hin zu einer modernen, professionellen Sportlandschaft. Es erinnert daran, dass Sport mehr ist als bloße Ergebnisse – es sind Geschichten, die sich über Jahrzehnte hinweg fortschreiben.

Ein eindrucksvolles Beispiel dafür liefert der Umzug der Telekom Baskets Bonn im Jahr 2008: Zur Finalserie gegen Berlin zogen die Bonner gemeinsam mit ihren Fans in einem emotionalen Marsch in den neu erbauten Telekom Dome ein – ein Symbol für Aufstieg, Identität und Zusammenhalt. Auch wenn am Ende erneut Berlin den Titel feierte, hatte sich Bonn längst als feste Größe im deutschen Basketball etabliert – mit einer beeindruckenden Fanbasis und ungebrochener Leidenschaft.

Bonner Fans vor dem Telekom Dome. (Foto: Jörn Wolter)

Auch ALBA BERLIN zog im Jahr 2008 in die heutige Uber Arena um. Die Multifunktionsarena im Berliner Osten ist mit 14.500 Zuschauenden die größte der Liga, und die Berliner konnten dort bereits zahlreiche Triumphe feiern. Mit ihrer modernen Infrastruktur und der beeindruckenden Atmosphäre gilt sie bis heute als eines der Aushängeschilder des deutschen Basketballs.

Die Uber Arena bem Spiel gegen den FC Bayern Basketball im Oktober 2025. (Foto: Tilo Wiedensohler)

Die Schnittmengen

Obwohl sich die Wege beider Clubs seit 2009 in den Playoffs nicht mehr regelmäßig kreuzten, blieb ihre Rivalität ein fester Bestandteil der BBL-Geschichte. Seit dem Aufstieg der Telekom Baskets Bonn im Jahr 1996 gehören lediglich vier Mannschaften ununterbrochen der höchsten deutschen Spielklasse an – Bamberg, Braunschweig, Berlin und Bonn. Ein exklusiver Kreis, der für Kontinuität, Stabilität und sportliche Qualität steht.

Über die Jahrzehnte hinweg verband beide Standorte zudem eine bemerkenswerte personelle Schnittmenge: Zahlreiche Spieler trugen sowohl das Bonner Magenta als auch das Berliner Gelb-Blau. Neben deutschen Akteuren wie Gunther Behnke, Dražen Tomic, Sebastian Machowski, Alex King, Joshiko Saibou, Konstantin Konga, Jonas Wohlfarth-Bottermann, Michael Kessens oder Sam Griesel liefen auch internationale Profis wie Derrick Phelps, Bryce Taylor, Aleksandar Nađfeji, Martynas Mažeika, Tony Gaffney und Jamel McLean – MVP des Jahres 2015 – für beide Clubs auf. Ein weiteres Kapitel in der langen, eng verflochtenen Geschichte zwischen Rhein und Spree.

Die ewige Bilanz

Seit dem Aufstieg der Telekom Baskets Bonn in Basketball Bundesliga zählt das Duell mit ALBA BERLIN zu den traditionsreichsten Begegnungen des deutschen Basketballs. Insgesamt standen sich beide Teams bis zur Saison 2025/26 bereits 96-mal gegenüber – 61-mal in der Hauptrunde, 27-mal in den Playoffs, siebenmal im Pokal (und zweimal im EuroCup). In der Gesamtbilanz liegen die Berliner mit 67 Siegen deutlich vorn, während Bonn 28 Partien für sich entscheiden konnte – die "Mutter aller Spiele".