„Ich war eine Provokation für die Leute“ - Klaus Urmitzer war der erste Dunker des deutschen Basketballs
Klaus „Pollo“ Urmitzer spielte in der Bundesliga für Heidelberg und Gießen, aber bereits vor der Gründung der Liga war er bekannt als der erste deutsche Spieler, der in einem Pflichtspiel dunkte.
Klaus „Pollo“ Urmitzer spielte in der Bundesliga für Heidelberg und Gießen, aber bereits vor der Gründung der Liga war er bekannt als der erste deutsche Spieler, der in einem Pflichtspiel dunkte.
Dass die Leute sich heute noch an deinen Dunk erinnern, kann nur heißen: Es war ein spektakuläres Ding. 360er? Durch die Beine?
Klaus Urmitzer: Fast. Schnellangriff über rechts, am Gegenspieler vorbei, per einhändigem Stopfer abgeschlossen.
„Stopfer“ hieß das?
Ja, wie heute. Man sagte: „Der kann stopfen.“
In welchem Spiel war das?
Am 24. August 1964 bei einem internationalen Turnier in Leimen. Es war das Finale gegen ein Team aus dem Elsass. Den Namen weiß ich nicht mehr.
Warum bist du sicher, dass du der erste Deutsche mit Dunk im Spiel warst?
Der erste Deutsche ohne Migrationshintergrund unter zwei Metern! Die Aktion interessierte aber keinen – außer uns in Gießen. Dort entstand durch Erzählungen später die Geschichte: „Pollo“ war der erste Deutsche, der stopfte. Erst 1969 hatte ich das Gefühl, dass man meine Pionierleistung anerkannte. Verspätete Geschichtsschreibung.
Wie reagierten die Fans in der Halle?
Es gab „Standing Ovations“ … was aber auch daran gelegen haben kann, dass es keine Sitzplätze gab. Im Ernst: Es kam überhaupt nicht gut an. Ein Gegenspieler meinte: „Da hast du deine Show gehabt!“ Den nervte das. Für die Leute war ich eine Provokation. Einer meiner ersten Trainer sagte, ich sei einer, der nur für die Galerie spielt. Das blieb an mir haften.
Wie erklärst du dir die Ablehnung?
Neid und Unverständnis. Es ging noch weiter: 1966 galt ich als Publikumsliebling, als der Vater eines anderen Spielers den Pressewart nötigte, nicht mehr positiv über mich zu schreiben. Danach stand nichts mehr über mich in der Zeitung – es sei denn, ich spielte schlecht. Basketball galt als solider, studentisch geprägter Sport. Es war verpönt, zu zaubern wie die Harlem Globetrotters.
Der Dunk als uncoole Angeberei?
Richtig ausgedrückt. Aber ich pfiff drauf! In Gießen dunkte ich sogar dreimal in einem Spiel. Und in meiner letzten Partie in Heidelberg machte ich einen „Nachsetzer“ rein.
Einen „Putback“?
Aber auch da: keine Reaktion der Zuschauer. 1966 pfiffen die Schiedsrichter mir einen Dunk im Spiel ab. Sie wussten schlichtweg nicht damit umzugehen. Wenn man so will, musste ich das Stopfen in Deutschland hoffähig machen.

Und das als Center mit nur 1,93 Metern Körpergröße!
Ich verlor nur zwei Sprungduelle in meiner Karriere. Beide gegen Norbert Thimm. Der war 2,06 Meter groß. Ich habe die Hüpferei ausgelebt und bin jedem Ball hinterher – auch bei Rebounds und Blocks. Springen war mein Kapital.
Was fasziniert am Dunk?
Ich finde das einfach erregend. Weil du so viel Energie aufwendest, weil du Dampf ablässt. Wie bei einem Volleyschuss im Fußball oder einem Schmetterschlag im Volleyball. Die Zuschauer wollen die Show – und ich lieferte sie schon damals gerne. Vielleicht war ich meiner Zeit voraus.